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Inhalt
13. Jahrhundert bis 18. Jahrhundert
Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts
Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: Die Ära Straub
Spätes 19. Jahrhundert bis 1977
1977 bis heute


1231: Herzog Otto II von Bayern schenkt die Mühle dem Kloster Scheyern
Die ersten Erwähnungen der Mühle Weichs datieren aus dem 13. Jahrhundert: Die Mühle war bis zum Jahr 1231 im Besitz der Grafen von Scheyern. Nach dem nach dem Tode Ludwig des Kehlheimers 1231 schenkte sie sein Sohn, Otto II. Herzog von Bayern, dem Kloster Scheyern. Johann Holdenried, Lehrer zu Weichs, schreibt in der Ortschronik des Jahres 1885: "Die Grafen von Scheyern sind - unbekannt, wie und wann - in den Besitz der Mühle zu Weichs gelangt, die nach dem Tode Ludwig des Kehlheimers 1231 dessen Sohn Herzog Otto II. von Bayern wohl zu einem Seelgeräthe für den Verstorbenen zum Kloster Scheyern schenkte." Herzog Otto II. starb 1253 und wurde im Benediktinerkloster Scheyern begraben.

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Herzog Otto II. von Bayern
Wappen von Otto II.



1383: Die Mühle geht in den Besitz der Freiherrn von Weichs über
altDie Freiherrn von Weichs wurden im Jahr 1383 Eigentümer der Mühle; diesen gehörte über mehrere Jahrhunderte lang der ganze Ort, welcher 1458 erst 33 Häuser zählte.

Lehrer Holdenried schreibt in der Chronik des Jahres 1885: "Im letztgenannten Jahr (1383) verglichen sich die Herren von Weichs mit dem Prälaten von Scheyern wegen Ausbesserung des Glonngestades bei der Mühle."

Im Bild das Wappen "derer von und zu Weichs an der Glon".












1555: Die Mühle darf nicht mehr veräußert werden
Im Jahre 1555 wurde testamentarisch festgelegt, dass ein Teil der adeligen Grundherrschaft - samt der Mühle - nicht veräußert werden darf. Zahlreiche Müller mit ihren Familien und Bedienstete aller Art fanden über die Jahrhunderte hinweg ihr Auskommen in der Weichser Mühle. Sie waren allerdings bis 1848 stets abhängige Untertanen der Freiherren von Weichs.
altSchloß Weichs um 1600



1648 bis 1822: Verschiedene Besitzwechsel
Von 1648 bis 1822 sind folgende Besitzer verzeichnet:
- 1648: Strauß, Andreas (Müller), und Ehefrau Sabina
- 1678: Strauß, Rochus (Müller), und Ehefrau Maria
- 1698: Schmidt, Simon
- 1736: Schmidt, Georg
- 1773: Obermayr, Leonhard
- 1779: Obermayr, Andreas
- 1788: Schmidt, Jakob
- 1804: Bauer, Lorenz
- 1814: Schmid, Josef
- 1822: Eichinger, Ignaz

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1835: Anna Massenhauser hinterlässt ausführliches Testament
1835 - also dem Jahr der Eröffnung der ersten Bahnlinie Deutschlands - folgt der Unterländer Sebastian Massenhauser dem Müller Ignaz Eichinger. Sechs Jahre später stirbt dieser am 25.11.1841 und hinterlässt Frau und zwei Töchter: Katharina ist verheiratet mit dem Lohnkutscher Hörmann in Dachau, Anna Maria ist noch minderjährig. Seine Frau Maria Anna Massenhauser stirbt ein Jahr nach Sebastian im Herbst 1842, das genaue Datum ist nicht bekannt. Ihr Testament stammt vom 15. Juli 1842. Das Eröffnungsprotokoll ist auf den 28. November 1842 datiert. Es enthält Wertangaben zu allen Nachlassgegenständen. Interessant ist, dass an wesentlichen Werten nur die Mühle mit dem zugehörigen Grund und erhebliche Barmittel vorhanden sind, aber keine Vorräte.

Beschäftigt sind zwei Müllerburschen, die Brüder Anton und Joseph Schmid von Weichs. Ihnen schuldet der Nachlass noch 216 Gulden Lohn, wobei nicht angegeben wird, für welchen Zeitraum. Wenn sie zu Lichtmess bezahlt wurden, was häufig der Fall war, dürfte sich dieser Betrag auf etwas über neun Monate beziehen, woraus man schließen kann, dass sie jährlich etwa 140 Gulden bekamen, wenn sie gleichen Lohn hatten - nicht gerade üppig. Erbinnen waren die bereits erwähnten Kinder, die ältere Tochter Katharina, verheiratete Hörmann in Dachau und die noch minderjährige Tochter Maria Anna. Ihr Vormund wird Joseph Massenhauser, der Bruder ihres Vaters; Joseph ist Müller auf der Ziegl- oder Zierl-Mühle in Waltersbach im Gericht Pfaffenhofen.

Der Nachlass wird bezeichnenderweise nicht wie sonst häufig durch Bauern vom Ort, sondern durch zwei Herren aus Dachau geschätzt: Xaver Fischer ist Tändler (Händler), Adam Kottmaier wird als Realitätenbesitzer (Immobilienbesitzer) geführt. Im Akt ist erwähnt, dass die Mühle bereits an Johann Glas verkauft wurde, der auch schon einen größeren Barbetrag gezahlt hat. Am 20.12.1841 wird das Inventar errichtet, das sehr ausführlich Mobilien und Immobilien beschreibt. Die Wertansätze machen die beiden genannten Schätzer aus Dachau, die auch nach dem Tod der Frau im Herbst 1842 amtieren. Dies ist für die Geschichte der Mühle besonders interessant, weil beide Raum für Raum aufzählen, was sich an Gerätschaften darin befand - einschließlich diesmal vorhandener Kornvorräte. Den Aktiva von 12.757 Gulden stehen Verbindlichkeiten von 6.742 Gulden gegenüber. Die Immobilien bewerten Fischer und Kottmaier mit 11.448 Gulden.



1842: Adelige Grundherrschaft beendet
1842 kauft Johann Glas aus Adelzhausen das Anwesen und löst es damit aus der adeligen Grundherrschaft heraus. Der Kaufpreis betrug 7.500 Gulden zzgl. der Übernahme von Schulden in unbekannter Höhe. Er übergibt es 1843 an seinen Sohn Anton Glas, der jedoch am 7.10.1844 stirbt; seine Frau Apollonia wird Alleinerbin.



1848: Müllerin erschlagen

Apollonia Glas heiratet im Jahr 1845 Jakob Aichmüller von Fußberg. Die Ehe nahm jedoch ein schlimmes Ende: Aichmüller erschlug 1848 seine Frau Apollonia, „da sie ihm bös begegnete“ – er wurde darauf zum Zuchthaus verurteilt und starb dort im Jahr 1850.



1849 bis 1853: Bäckerei gegen Mühle eingetauscht

Noch im Jahr 1849 hatte Anton Huber von Guggenried bei Bruck die Mühle von Aichmüllers Verwandten gekauft.
1853 tauschte er die Mühle mit Simon Blank, vormals Bäcker aus Freising, gegen dessen Bäckerei ein.

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1861: Die Ära Daniel Straub - der Gründer von WMF erwirbt die Mühle
altDaniel Straub (s. Bild), Gründer von WMF erwirbt das gesamte Anwesen für 24.000 Gulden. Zur Mühle gehörten damals etwa 50 Tagwerk Grund (50 Tagwerk entsprechen ca. 17 ha bzw. 170.000 m²). Straub, dessen Vater Müller war, hat die Mühle in der heutigen Form im Jahr 1882 erbaut und damit die heute vorherrschende Form des Gebäudes maßgeblich geprägt.

Straub ist als Gründer von WMF und der Maschinenfabrik Geislingen eine der berühmtesten Persönlichkeiten der zu dieser Zeit beginnenden Industrialisierung. Zum damaligen Zeitpunkt war Straub auch im Landkreis Dachau kein Unbekannter: Wenige Jahre zuvor hatte er bereits das Ökonomiegut und die ehemalige Klosterbrauerei Indersdorf gekauft. Darüber hinaus lieferte Daniel Straub Schwellen für den Bahnstreckenbau München-Ingolstadt, die 1867 eröffnet wurde.

Der Erwerb der Mühle scheint sich für den schwäbischen Unternehmer gelohnt zu haben. Grundlage des wirtschaftlichen Erfolges wurde das Sägewerk. altDie Mühle stand offensichtlich hinten an und wurde nicht mehr genutzt. In den Jahren 1878/79 wurde das heruntergekommene Mühlgebäude schließlich abgerissen. Ein Jahr später verkaufte Daniel Straub seinen gesamten Besitz im Landkreis Dachau an die von ihm gegründete Industrie-Gesellschaft-Geislingen.

Ebenfalls im Jahr 1861 werden der heutige Sägestadel (Mitte unterhalb der Glonn) und eine inzwischen abgerissene Holzremise (unten) errichtet. Auf neben stehendem Plan ist der Stadel in der Mitte unterhalb der Glonn erkennbar, die Remise ist am unteren Ende eingezeichnet:





1882: Daniel Straub läßt das heutige Mühlengebäude errichten

Im Jahr 1882 begannen auf den Resten der abgerissenen Ruine die Bauarbeiten für eine neue Mühle. Sie wurde im Stil der damals modernen Amerikanischen Kunstmühlen errichtet.

Von außen betrachtet bedeutete dies zunächst nur, dass sie viel höher als ihre Vorgängerin wurde. Dies hatte einen einfachen Grund: In Amerikanischen Kunstmühlen wird das Mehl in vertikaler Richtung gemahlen.

Das Bild zeigt den originalen Bauplan der Mühle aus dem Jahr 1882, die Außenansicht des Mühlengebäudes lässt das damals noch verwendete Wasserrad (rechte Seite) erkennen.

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1892: Georg Seyfang und wohlhabende Bauern kaufen die Mühle
Nachdem Straub 1889 in seinem Geburtsort Geislingen an der Steige verstorben war, übernahmen 1892 der Müllermeister Georg Seyfang sen. und einige wohlhabende Bauern aus der Umgebung die Mühle. Der Kaufpreis betrug insgesamt 60.000 Mark.

Mit Notariatsurkunde vom 29. September 1892 erwarben Franz Xaver Eckl einen 2/6 Anteil, Bartholomäus Eichinger, Georg Seyfang, sen., Georg Obermaier und der Weichser Bauer Joseph Reindl jeweils einen 1/6 Anteil.

In den Folgejahren ergaben sich durch das Ableben von Teilhabern häufig Besitzveränderungen.

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Mühle und Sägestadel im Jahr 1902




1921/1922: Glonnregulierung und Neubau Wehranlage
Um die teilweise schlimmen Überschwemmungen zu verhindern und den Hochwasserschutz zu verbessen wurde in den 1920er-Jahren die Glonnregulierung durchgeführt.

altGlonnregulierung 1921/22


Nach dem 1. Weltkrieg folgten weitere Besitzwechsel. U.a. übergab Kreszenz Obermaier 1918 ihren Anteil an Joseph und Anna Bücherl. Die Familie Seyfang erwarb im Lauf der Jahre Anteil um Anteil. Die Seyfangs errichteten 1921/22 im Zuge der Glonnregulierung eine neue Wehranlage und das Turbinenhaus. altDas hölzerne Mühlrad wird durch zwei Francis-Turbinen der Firma Landes zum Antrieb der Mühlengeräte und des Sägegatters ersetzt.

Während dieser Phase dürfte die Konstruktion des Sägestadels ebenfalls stark verändert worden sein. Der im Original als zweigeschossiger Fachwerkbau errichtete Stadel wurde im Untergeschoß durch Stampfbeton und neue Ziegelwände ersetzt. Vermutlich zum Schneiden von langen Baumstämmen wurde er in Richtung Osten erweitert. Das Bild zeigt den originalen Bauplan für den Neubau des Turbinenhaus mit den zwei Francis-Turbinen.


altSeyfangs Sohn Georg jun. (Bild) wurde schließlich 1925 alleiniger Eigentümer der Mühle. Seyfang wurde an 3. Juni 1896 in Weichs geboren und übernahm im Jahr 1925 die Kunstmühle Weichs von seinem Vater. Dieser hatte vor der Übergabe die Mühle noch modernisiert und zwei Francis-Turbinen der Firma Landes einbauen lassen. Je eine Turbine wurde zum Antrieb von Mühle und Säge benutzt.

Georg Seyfang jun. war ein ganz besonders gütiger, freundlicher und sehr hilfsbereiter Mensch. Er stand während der Nazizeit den arg bedrängten Klosterschwestern in Weichs bei und half in den Hungerjahren nach dem zweiten Weltkrieg allen Bedürftigen, so gut er nur konnte.

1948 ließ die Familie Seyfang dann das Turbinenhaus auf seine jetzige Höhe aufstocken. In den 1970er Jahren wechselte das Anwesen wieder mehrmals die Eigentümer: Die Familie Seyfang verkaufte 1973 an den Münchner Martin Beil, der nach nur zwei Jahren das Anwesen an Michael Hartmann aus Dachau-Gröbenried weitergab.

altDas Mühlenanwesen um 1940

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1977: Reichsgraf Hubert von Walderdorff wird Mühlenbesitzer
altIm Jahr 1977 erwarb Reichsgraf Hubert von Walderdorff die Mühle. Er war es auch, der die Mühle erstmals vornehmlich als Büro- und Wohngebäude nutzte. Die Wasserkraft setzte er zur Stromerzeugung ein.

Außerdem betrieb er einige Jahre erfolgreich ein Weiterbildungsinstitut in der Mühle. Aus diesen Gründen nahm Graf Walderdorff auch zahlreiche Umbaumaßnahmen im Innenraum vor. Unter anderem hatte er viele Zwischenwände einbauen lassen und das Zwischengeschoß erweitert.

Walderdorff hat im Lauf der Jahre die umliegenden zugehörigen Gebäude veräußert. Zum Beispiel auch das frühere Wohnhaus der Müller, die schon immer ein separates Gebäude als Wohnstatt nutzten. Er bewohnte die Alte Mühle Weichs bis kurz vor seinem Tod.









2003: Unternehmer Josef W. Karl wird Eigentümer der Mühle
altSeit 2003 ist der aus Jetzendorf stammende Unternehmer Josef W. Karl Eigentümer der Mühle. Karl ist Alleinaktionär und Vorstand der MicroNova AG, die ihren Firmensitz in der benachbarten Gemeinde Vierkirchen hat.

Er hat begonnen, den ursprünglichen, historischen Zustand im Inneren soweit als möglich wieder herzustellen. Die meisten Umbaumaßnahmen des Grafen wurden rückgängig gemacht, die Einbauten entfernt und die alten Mühleneinrichtungen wurden wieder freilegt.

Seit 2003 hat Karl eine Vielzahl an Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Die wichtigsten hiervon sind auf diesen Webseiten dokumentiert: Der Neubau der Wehranlage, der Bau der Fischtreppe sowie die Modernisierung des Turbinenhauses.












2007: Einsturzgefährdete Wehranlage wird saniert

Für Weichs und die benachbarten Gemeinden besonders wichtig: Karl renovierte 2007 die stark einsturzgefährdete Wehranlage. Durch die Automatisierung der Anlage wird auch eine erhebliche Verbesserung des Hochwasserschutzes erzielt.

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Sanierte Wehranlage




2008: Wasserkraftanlage wird erneuert und ertüchtigt
Außerdem wurden 2008 das Turbinenhaus (siehe Wasserkraft) modernisiert. Die erneuerte Anlage erzeugt umweltfreundlichen Strom für ca. 80 bis 100 Durchschnittshaushalte.

Wasserkraftwerk_Weichs_2010_001_612pixErneuertes Turbinenhaus



2010: Errichtung der Fischwanderhilfe
Im Jahr 2010 wird erstmals in der Geschichte der Mühle die aquatischen Durchgängigkeit in Form eines Umgehungsbaches erreicht (siehe Fischtreppe).

Die offizielle Eröffnung der Fischtreppe erfolgte mit prominenter Beteiligung (v.l.n.r.): Dr. Klaus Arzet (damaliger Leiter Wasserwirtschaftsamt München), Josef Mederer (Bezirkstagspäsident Oberbayern), Eva Rehm (stv. Landrätin Lkr. Dachau), Alfons Blank (Präsident Fischereiverband Oberbayern), Bernhard Seidenath (Landtagsabgeordneter) mit Sohn, Klaus Sperl (Anglerclub Indersdorf), Josef W. Karl (Kraftswerksbetreiber), Harald Mundl (Bürgermeister Weichs) und Helmut Petter (Präsident Anglerclub Indersdorf) nahmen teil.

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